Liebe Aktive,
wieder bin ich über Netzfunde gestolpert:
Eine Praxis, die vormals mit einem guten Produkt in meiner Liste stand, verkauft jetzt feste Spangen für kleine Kinder (sobald die neuen Schneidezähne da sind) als ganzheitlich.
Eine andere, die leider auch ausbildet und massiv wirbt, verbreitet sogar, dass die gesamte Funktionskieferorthopädie (FKO) sei eine Irrlehre gewesen sei, die damals dem Nazi-Regime ins Konzept gepasst hat. Dokumentierte Erfolge tut sie damit ab, dass es sich dabei um besonders gut gelaufene, aus der Gesamtheit der Patienten herausselektierte Fälle handeln würde.
Dabei wurde die FKO erst in der Nachkriegszeit weiter diversifiziert.
Auch eine systemkonforme Methode hätte sich nicht so verbreiten können und wäre nicht von so vielen Anwendern weiterentwickelt worden, wenn sie wenig wirksam gewesen wäre.
Im selben Tonfall könnte man kontern, unter früheren US-amerikanischen Propagierern von Zähnezieh-Orthodontie hätte es Ku-Klux-Klan-Anhänger gegeben, die die dadurch eingedellte Mundpartie („dished-in“ Profil) ästhetisch fanden als Abgrenzung gegenüber der schwarzen Rasse.
Aktueller ist wohl die Einschätzung, dass amerikanische Hersteller von Orthodontie-Fertigteilen in Deutschland einen Riesenmarkt sehen, der aber noch von abergläubischen Eingeborenen-Methoden gereinigt werden muss, damit sie ihn zur Gänze erobern können.
Man fühlt sich daran erinnert, wie Hersteller von Futtermitteln für Babys, v.a. Nestle, früher in Entwicklungsländern Müttern das Stillen madig gemacht haben. Darauf sind viele Säuglinge an Darminfektionen gestorben, weil das Wasser, mit dem dort das Milchpulver angerührt wurde, häufig verkeimt ist.
Für die Orthodontie von heute sei Knochenpiercing natürlich ein Riesenfortschritt, dessen Risiken minimal seien (das sehen skeptische Kieferorthopäden differenzierter).
Oder bei Schmalkiefer, wovon jedes 6. Kind betroffen ist (z.B. „Mundatmer-Gebiss“, seltener erblich), würden die früher geläufigen herausnehmbaren Spangen „quälend lange“ brauchen und daher meist boykottiert, so dass eine zierliche, rasch wirksame GNE-Apparatur (gezeigt an etwa 7-Jährigem) ein Riesenfortschritt wäre und die Kinder nicht belasten würde (Pinoccios Nase bohrt sich gerade in die Decke).
Derlei Allestöter-Methoden werden dann als „hoch effizient“ beworben. Mehr zu dieser heute so wichtigen Eigenschaft findet sich in http://de.uncyclopedia.org/wiki/Effizienzpotential. Auch http://de.uncyclopedia.org/wiki/Doping fällt in dieses Thema.
Die höheren Kosten beschönigen die Verwertungslogiker gegenüber den Kostenträgern dann damit, dass festsitzende Spangen die Versagensquote minimieren.
Galgenhumor beiseite, einen frischen Fall von Rezidiv (Rückfall) nach Gaumennahtsprengung (GNE) habe ich zur Dokumentation in Vorbereitung, kommt evtl. in die Fallbeispiele-Sektion.
Manche Kieferorthopäden-Webseiten enthalten nur wenig Info. Steht dann dort „moderne Behandlungsmethoden“, geht bei mir ein rotes Lämpchen an, und bei „international anerkannte“ erst recht: dann ist damit zu rechnen, dass es GNE und Außenspangen statt Platten und FKO-Geräten gibt.
UND NUN? Welcher Behandlungsansatz,
welche Begriffe sind vor der Feste-Spangen-für-alle-Fraktion und den Risikomethoden-Verharmlosern heute noch sicher?
Nichtapparative Kieferorthopädie z.B. Gibt aber wenig Suchfunde, eher Funde nichtapparativer Diagnostik usw., und ich habe nur wenige zahnärztliche Adressen dazu (aber immerhin), wobei sich die muskulären Therapien eher in anderen Praxen abspielen.
Physiotherapeutische Übungen für den gesunden Biss sollen z.B. in Polen verbreitet gewesen sein und gehören in Thailand, zusammen mit leichten Progenieaktivatoren, zu einer erfolgreichen Methode gegen Progenie.
Welche Zahnspangen (im weitesten Sinne), besonders für Kinder und Jugendliche, sind komfortabel im Mund, robust, tragezeit-reduziert, verfügbar, erschwinglich?
Dies vor dem Hintergrund, dass viele Kinder nicht mehr wie früher im Familienverband aufwachsen, und dass heutige Generationen im materiellen Überfluss weniger sorgfältig mit Dingen umgehen, als die Älteren es noch gelernt haben.
Der bekannte Bionator, aber auch gaumenfreie Aktivatoren sind komfortabel, robust und verfügbar - aber man sollte sich vor Attrappen-Exemplaren hüten, die bloß Zeit schinden sollen, um letzte Milchzähne loszuwerden, und dann geht es mit Brackets und Herbstscharnier oder ähnlichem weiter.
Das komfortable, robuste, tragezeit-freundliche Turin-Gerät (nach Bracco) ist leider nicht zur freien Nutzung veröffentlicht und daher kaum verfügbar. Den zügigsten und nachhaltigsten Erfolg erzielt es in einem engen Zeitfenster, meist bevor die Kassen zahlen würden. Dies verallgemeinern die Autoren auf andere Behandlungsmittel, und dann entstauben Bracket-Geier das ganz oben genannte Konzept der Teil-Bracketspangen für das frühe Wechselgebiss. Das stammt wohl aus einer Zeit, als Brackets noch teuer einzeln verkauft wurden und Orthodontists, die nichts anderes konnten, überlegten, wie man damit sparsam umgehen kann.
Zu moderaten Preisen funktioniert http://www.reguflex.de bei immerhin 12/24 h Tragen und beachtet auch den gesunden Zusammenbiss. Leider bisher nur regional verbreitet, denn Kieferorthopäden verdienen an anderen Dingen besser und Zahnärzte machen kaum Kieferorthopädie, bzw. werden aus ihr herausgedrängt, außer in abgelegenen Landstrichen und einigen Aufrechten, die Schäden durch zeitgenössische Kieferorthopädie nicht einfach hinnehmen oder gar ausnutzen wollen.
Verfügbarer, kostengünstig, tragezeit-freundlich und unzerbrechlich sind konfektionierte Trainer, wie der K3F. Leider sind sie oft klobig, wobei diese Bauformen aber längst nicht ausgereizt sind. Besser abgestufte Formen und Größen wären möglich, und durch Auswahl geeigneter Materialien ließe sich die Wandstärke verringern. Leider ist dies für kapitalstarke Hersteller vergleichsweise unprofitabel (das technisch längst mögliche 2-Liter-Auto lässt hier grüßen).
Einmal hörte ich von individuell hergestellten Trainern - aber das dann nicht mehr billig.
Technologie von unten:
diese Open-Design-Webseiten sind doch im Kommen, und werden von Profis aus dem Maschinenbau gut befüllt.
3D-drucken, mit welchen Materialien geht das eigentlich? Falls nicht mit für Trainer geeigneten, dann könnte man ein gedrucktes Zwischenprodukt abformen und z.B. mit Dentalsilikon ausspritzen ...
Konfektionstrainer auf die Schnelle?
Auch Gebissschützer gibt es in Einheitsgrößen (einzelne in Kindergröße) in großer Auswahl. Einige doppelte (in Erwachsenengröße), die beide Kiefer umfassen, sah ich neulich bei http://www.vantage-fighting.com/ausrust ... hnschutzer Sie ähneln den Einheitsgrößen-Trainern vom Dental-Herstellern und kosten weniger. Wohingegen es den Standardtyp der K3Fs in 7 Größen gibt (wovon 2 Milchgebiss-Größen). Beides kann von Laien bestellt werden.
Rotierende Grüße,
Rübezahl