Au weia!
Von einer (ehemaligen?) junge-kfo-Adresse wurde
(Link sicherheitshalber gelöscht, kann bei mir erfragt werden, PLZ-Bereich 4) empfohlen, die die Gaumennahterweiterung (GNE) über den grünen Klee loben. Nicht nur gegen Bettnässen soll diese zeitnah profitable Höllenmaschine helfen, mit der sie demnach schon kleinen Kindern (oder sind bettnässende Jugendliche gemeint?) Gewalt im empfindlichen Mundraum antun - für 1 Monat Erweiterungs-Phase und dann noch 3 bis 4 Monate Heilungsphase, was die Schnelligkeit des Ganzen relativiert. Nein, die GNE soll, über die Erweiterung der Nasen-Atemwege, auch die Intelligenz steigern!
So bedroht diese Tortur dort konkret alle Kinder und Jugendliche, bei denen ein gewisser Abstand (vermutlich der Innenseiten der 6er) unter 36 mm liegt.
Obwohl es laut Prof. Tränkmann, dem ich viel Material für meine Fallbeispiele-Kapitel verdanke, keine Indikation zur Gaumennahtsprengung im Milchgebiss und im frühen Wechselgebiss gibt (d.h. bevor die Seitenzähne wechseln).
Ist es ein Hohn oder eine unscharfe Übersetzung, dass dies und der Twin-Block zur Bisslage-Korrektur dort auch noch
orthopädische Phase genannt wird (danach folgen dort eh Brackets für alle)?
Dabei werden alle sanften, echt orthopädischen Mittel ignoriert, die das Wachstum nutzen (je kräftiger es ist, desto zügiger geht es), statt Hartgewebe zu zerreißen: Fränkel, Dehnplatten, Crozat, Bionator, Bimler, Kaukraft Kiefer-Former u.a. konfektionierte Trainer, und nicht zu vergessen der alte Kinetor nach Stockfisch. Stockfisch zitieren sie dort nämlich für die Heilswirkungen der Gaumennahtsprengung. Er hat über Gaumennahtsprengungen geforscht, aber war kein einseitiger Verfechter davon. Sondern er hat seinen Kinetor als wirtschaftliches Behandlungsgerät entwickelt und viele solche Behandlungen dokumentiert, darunter auch Fälle, bei denen der Kinetor die Kiefer beträchtlich weitete. Schließlich ist er, wie die Bimler-Spangen und Kiefer-Former auch, ein Kaugummieffekt-Gerät mit Massagewirkung.
Was die Bisslage-Verschiebung mit dem dort bevorzugten Twin Block angeht, so ist der zwar humaner als Herbstscharniere und andere fest eingebaute Vorrichtungen zum Vorbringen des Unterkiefers. Aber ich halte ihn für suboptimal im Vergleich mit grazilen Doppeldecker-Spangen oder gut konstruierten Vorschubplatten. Besonders wenn sie dort unterschlagen, dass er auch mit Dehnschrauben ausgestattet werden könnte (ebenso wie der alte Kinetor oder Vorschubplatten), um Kieferdehnung und Bisskorrektur zugleich zu leisten. Denn das hieße für die Praxis ja, auf die zusätzliche Einnahmequelle der GNE zu verzichten.
Die Spur der Schmalspur-Fortbildung in Kursen, die von Herstellern organisiert werden, setzt sich in schlechtem Deutsch aus schlecht übersetztem Amerikanisch fort: „Wann macht eine Behandlung Sinn?“ Zu allem Überfluss wird auch noch aus Werbetexten übernommen, dass die GNE, weil man damit Zähneziehen vermeiden könnte, besonders zahnschonend sei!
Da kam eine Praxen-Umfrage (Volltext in www.sanfte-zahnklammern.de/spangen/g_sp ... preng.html) aber zu anderen Ergebnissen:
„...Komplikationen wurden in intraorale sowie extraorale unterteilt. lntraoral wurden hauptsächlich die nicht gesprengte Naht (20%), extreme Zahnkippungen (18%) und Knochen-oder Wurzelresorptionen (7%) sowie Dekubitus (9%) genannt. In einem Fall mussten nach der GNE aufgrund massiver Wurzelresorptionen die 1. Molaren extrahiert werden. Auch extraorale Komplikationen, wie Verbreiterung der Nase und der Nasenwurzel, Ausbildung von Asymmetrien des Nasensteges, Höckerbildungen am Nasenrücken und Hämatombildungen unterschiedlicher Ausprägung wurden von den Praxen (12%) angegeben.“
Wann geht den Krankenkassen endlich ein Licht auf, dass hier Schindluder mit Versichertengeldern, mit der Lebensqualität von Kindern und mit fahrlässig möglichen Folgeschäden getrieben wird?
Abgesehen davon, dass mit der Gaumennahtsprengung
nur der Oberkiefer erweitert wird, aber Engstände auch im Unterkiefer vorkommen. Da wundert es nicht, dass mir zumindest 1 Kind einfällt (kein Spätfall), dem erst die Gaumennaht gesprengt und danach noch 4 gesunde Zähne gezogen wurden – und dem Vater war alles egal. Hauptsache, die Kasse stimmt!