Liebe Leser,
sogar Verfechter harter Methoden bemängeln, dass neue medizinische Produkte aggressiv vermarktet werden, zu denen noch keinerlei seriöse Langzeitforschung existiert, so dass Patienten damit eventuell neuen Gefahren ausgesetzt werden.
Extra teuer ist nicht automatisch = extra gut.
Sicherlich können teure Behandlungsmethoden gut sein. Aber manchmal sind sie kein guter Sekt, sondern Kopfschmerz-Sekt: eine kostentreibende und/oder belastende Maximierung der Diagnostik oder Therapie, deren gesundheitlicher (Zusatz-)Nutzen gegenüber einer kostengünstigen Variante fraglich ist.
Dies trägt in vielen Medizingebieten zur Versorgungsmisere bei. Nämlich, wenn dann – dank Lobbykratie – für weniger lobbystarke Medizin „kein Geld mehr da ist“, egal wie bewährt und heilsam sie ist.
Neulich fand ich wieder so einen KFO-Behandlungsplan einer Deckbiss-Situation, Hacke Spitze vorwärts seitwärts Salto... UK: Ausformung des Zahnbogens mit Derotation der gedrehten Zähne und Nivellierung der Speekurve (...)
mit Multibracketapparatur, Aufbissnance, FORSUS rechts, OK-Retentionsgerät, UK-Dauerretainer
AAAlso, eine Spee-Kurve ist nichts Krankhaftes (mehr dazu siehe http://zahnspange.siteboard.eu/ft122-die-spee-sche-kurve-der-kauflaechen-esoterik.html ). Aber sie wird als krankhaft verbucht, weil die üblichen Fertigdraht-Multibracket-Spangen sie eben mit einebnen, was dann als Behandlung verbucht wird. Dabei kann die so geänderte Kausituation dann Kiefergelenk-Beschwerden verursachen.
Massive Kau- und Aussprache-Probleme SOFORT schafft aber hier der Aufbissnance, eine feste frontale Bisssperre, die bei Deckbissen die unteren Brackets vor dem Herunterbeißen schützen soll. Dieses Folterinstrument, das die Mahlzähne praktisch außer Betreib setzt, ist mir auch schon als Schweizer Aufbiss oder bloß Aufbiss untergekommen.
Dann noch die feste FORSUS-Feder zwischen den Kiefern, die zwar flexibler als ein Herbstscharnier ist, aber die Mundöffnung behindert. Sie ähnelt dem Sabbagh Spring Scharnier (SUS ohne FOR-): siehe http://zahnspange.siteboard.eu/ft191-sabbagh-spring-scharnier-sus-zaehne-in-gefahr.html Zähne in Gefahr?
Summa Summarum: der empfindliche Mundraum würde zur Großbaustelle.
Im Anschluss verbreiten sich die kariesfördernden Kleberetainer wohl deshalb so seuchenartig, weil das gewaltsam in Form Gezwungene sonst ratz-fatz wieder aus dem Leim gehen könnte.
Schonender UND kostengünstiger könnte man Erwachsenen-Deckbisse zunächst mit funktionellen Kaugummieffekt-Geräten angehen. Diese setzen die eigene Kaumuskel-Kraft für die vertikalen und platzschaffenden Korrekturen um und mindern Zwangsbisslagen. Wenn noch Zahnkorrekturen verbleiben, könnte man diese danach gezielter mit Platten, Schienen oder Crozat angehen.
Um ein anderes Beispiel zu nehmen, ist Implantologie auf dem Gebiet des Zahnersatzes sehr profitabel. Zwar kein Allheilmittel, aber für manche durchaus eine Hilfe. Aber die Preisunterschiede sind gewaltig, und es gibt z.B. preisgünstige Implantate, die nicht wie Schrauben für Muttern, sondern wie Spanplattenschrauben aussehen, und die daher ziemlich unblutig einzuschrauben sind. Made in Germany, samt kostenloser Kurse, Gewährleistung, und die Haltbarkeit ist in Langzeitstudien bestätigt.
Aber um diese zu bekommen, muss ein Patient wohl die richtigen Praxen aufsuchen. Denn jene, die teurere, aufwändigere, blutigere Versionen anbieten, werden sich mit so einer Low-Budget-Lösung kaum selber Konkurrenz machen wollen.
Dort heißt es dann eher, wer sich die teure Versorgung nicht leisten kann, der kriegt dort eben keine oder nur eine unkomfortable.
Wer hingegen arg marode Zähne noch erhalten möchte, der sollte damit natürlich nicht zum Implantologen gehen! Sondern eher zu einem Endodontie-Spezialisten (für Wurzelfüllungen) oder Parodontologen (falls es primär am Zahnfleisch liegt).
Soweit für diesmal, Larissa