Liebe Leser,
man sollte nicht davon ausgehen, dass in Nordamerika keiner was von handwerklichen herausnehmbaren Zahnspangen versteht. Abgesehen von ein paar wenigen, meist teuren ALF- oder „integrative orthodontics“-Behandlern, und sporadisch Myobrace oder ähnlicher Konfektionsware für Kinder. Sowie seit diesem Jahrtausend noch den Alignerschienen für das bleibende Gebiss, die meist auch kostenintensiv sind.
Hier ist z.B. ein interessanter Netzfund: http://orthotech.net
Ein Labor in Utah, das sein Angebot explizit auch an Allgemein-Zahnärzte richtet.
Neben Retentionsplatten, Restkorrektur-Retainern, Dehnplatten und solchen mit frontalen Schraubsegmenten (gegen frontalen Kreuzbiss) haben sie eine Spezialität bei ihren aktiven Platten: http://orthotech.net/products-speed-aligner.html
Speed-Aligner (oder Nachtschicht-Apparatur), gegen leichte bis mäßige frontale Engstände. Kosten nur einen Bruchteil von Invisalign und geben weniger Bedarf, Zähne schmaler zu schleifen.
Sie enthalten patentierte vorgefertigte Spezialfedern aus Speziallegierung, die mit geringen Kräften wirken. Diese Platten lassen sich zudem mit Schraub-Elementen kombinieren.
Tausendfach bewährt in USA, Kanada, England - und Deutschland, heißt es dort.
Also gilt dort keineswegs nur jene Lehrmeinung, nach der es nahezu unmöglich wäre, die Kieferentwicklung in der Wachstumsphase mit herausnehmbaren Apparaturen zu beeinflussen.
Auch wenn hierzulande einige Akteure unablässig behaupten, aktive Platten wären eine historisch bedingte Besonderheit aus Europa, die heute auf den Müllhaufen der Geschichte gehört, und Funktionskieferorthopädie wäre sogar eine regelrechte Irrlehre gewesen.
Tatsächlich wurden aktive Platten, nachdem Plastikmaterial die Zahnprothetik vorangebracht hatte, als erschwingliche „Volks-Kieferorthopädie“ entwickelt.
Unter „Functional Appliances“ finden sich bei o.g. Labor allerdings keine bimaxillären Geräte, sondern das im englischsprachigen Raum verbreitete Doppelplattengerät Twin Block, sowie noch speziellere aktive Platten erwähnt: 3-Wege-, Fächerdehn- und Streckplatten („sagittal appliances“).
Andererseits kann Myobrace als bimaxilläres Gerät gelten.
Der Vollständigkeit halber sollte dennoch vor Fehlbedienung gewarnt werden. Eine Überdosierung der aktiven Kräfte wäre Fehlbedienung. Dann würde, sofern der Patient nicht die Anwendung unterbricht, nicht der Kiefer nachentwickelt und Zähne eingereiht, sondern Zähne könnten zu sehr gekippt und geschädigt werden.
Korrekt angewendet, lässt sich mit solchen Apparaturen allerdings Wachstumspotenzial abrufen. Und die Gefahr von unkontrollierten Effekten ist z.B. bei der festsitzenden Quadhelix viel größer.
Heißes Sommerloch,
Rübezahl