Liebe Leser,
hier eine neue Rüstungsspiralen-Windung, wie Kieferorthopäden und Hersteller heutzutage Leute mit nicht angelegten Zähnen (meist 5er oder 2er) „behandeln“ wollen:
Ein 12-Jähriger mit einem
nicht angelegten oberen 2er. Der schmächtige Milch-2er ist wie meistens weg, der etwas vorgewanderte Milch-3er sieht noch gut aus, der ebenfalls vorgewanderte bleibende 3er schiebt sich darüber.
Die Familie hatte eine Kassen-Praxis erreichbar, die einen kieferorthopädischen Behandlungsplan mit sanften Methoden schrieb (die verbliebene 4mm Lücke öffnen für Klebebrücke oder Implantat). Aber zu früh gefreut: der
Kassen-Gutachter lehnte ihn ab! Dies mag auch der Hauptgrund sein, warum ganzheitliche Kieferorthopädie oft nur noch privat angeboten wird.
Eigentlich wäre dann
Kassenwechsel angesagt (z.B. zur
Advita), aber der ist, anders als ein Stromwechsel, für eine große Familie schwieriger als für eine Einzelperson.
Der Kieferorthopäde, den die abgelehnte Praxis dann empfahl, wollte lieber auf Lückenschluss arbeiten: alle Zähne dieser Seite mit fester Spange 4 mm vorziehen.
Dann stände der Eckzahn an Stelle des 2ers, der 2-gipfelige 4er an Stelle des Eckzahnes, und die Mahlzähne dieser Seite in einer verschleißträchtigen Rückbissverzahnung, statt wie Stößel-und-Mörser. Zudem könnten die Wurzeln durch die Prodezur geschädigt werden.
Schlimmer noch, wollte ihm dieser Kieferorthopäde dazu, um die Gegenkräfte aufzufangen, von einem Kieferchirurgen ein dickes Implantat in den GAUMEN drehen lassen. Hier von einem marketingstarkem Implantat-Hersteller, und zum Glück keine Kassenleistung.
Knochenpiercing, da ist den Leuten der Faden gerissen!
Ganz im Gegensatz dazu werden Zahnimplantate nie in Heranwachsende geschraubt, selbst nach Zahnverlust durch einen Unfall nicht.
Loch im Gaumen gefällig? Neulich beriet ich für einen Spalt-Patienten, der mit so einem Restloch lebt, weil er wegen weiterer Missbildungen seines Körpers kaum noch weiter operiert werden kann.
Minimale und handwerkliche Lösungen haben wieder einmal keine Lobby, als da wären:
A) Die 3 Schneidezähne auf dem Platz von 4 zu verteilen. Das wäre keine Fehlstellung und gäbe weder Dreckecken noch Knochenabbau. Wenn die Restlücken ästhetisch stören, können die Zähne substanzschonend mit Füllungsmaterial verbreitert werden.
B) Den hier noch vorhandenen Milch-Eckzahn, sofern seine Wurzel noch gut ist, an die Stelle des 2ers schieben, und bei Bedarf z.B. mit einem Veneer verschönern.Für diese körperlich und finanziell viel weniger belastenden Optionen bräuchte es aber einem versierten Allesmacher-Zahnarzt mit gesunder Einstellung, der nicht mit Geldscheffel-Kieferorthopäden verbandelt ist. Bei Jugendlichen und Erwachsenen mögen jene hilfreich sein, die auch
preisgünstige Korrekturschienen (siehe hier ), aber keine Bracket-Spangen und auch nicht unbedingt Implantologie im Sortiment haben.
Hier stehen auch noch ältere Beispiele sanfter Kieferorthopädie bei 2er- oder 5er-Nichtanlagen, auch wenn die Milchzähne weg sind. Fehlen Zähne im Oberkiefer, dann ist die funktionelle Fehlstellung oft ein Kreuzbiss, weil der obere Zahnbogen verkleinert ist. Zu sehen sind dort auch stabile Ergebnisse der toleranten, aber hierzulande fast ausgestorbenen Bimler-Methode.
Aber dass Nichtanlagen, ob mit oder ohne erhaltungswürdige Milchzähne, schon länger
verfänglich für Behandlungsmaximierung sind, zeigt dieser
Eintrag von Mai 2009.Sogar schon 2003 präsentierte eine Publikation von 3 Unikliniken (Süddeutschland / Schweiz) erste Versuche mit Knochenpiercing, für die man ungeschützte Kinder als Übungsmaterial aufgetrieben hatte, mit Nichtanlage unter gesunden Milch-5ern und auch sonst keiner nennenswerten Fehlstellung. Bei den aus dem Zahnfleisch ragenden, an den Knochen geschraubten Lochblechen handelte es sich damals noch um allgemeine Knochenchirurgie-Hardware. Mit dem Unterschied, dass dort damit komplizierte Knochenbrüche repariert werden, und dass die Haut darüber verschlossen wird.Rastlose Grüße, Rübezahl