Diese werden
auch funktionskieferorthopädische (= FKO-)
Geräte genannt. Sie nutzen die Kräfte der Mundmuskulatur ihres
Trägers und sind so gestaltet, dass sie diese Kräfte und
Regelkreise nutzbar machen: zur Bisslage-Korrektur, zum „Einebnen“
der Zahnbögen, und manche Bauformen auch zum Platzgewinn und für
Zahnkorrekturen. Muskuläre Fehlfunktionen, die den Kiefer falsch
oder zu wenig wachsen lassen, werden dabei normalisiert. Dies ist
zentral für die ganzheitliche Kieferorthopädie, die auf
naturgesunde Gebissentwicklung abzielt. Mehr dazu HIER: ganzheitliche Konzepte verschiedener Länder.
Sowie
zu Vorbeugung
und Naturheilverfahren, Fallbeispielen
und Funktionskieferorthopädie unter Weitere Info ...
Im Gegensatz dazu werden
die Zahnbögen mit den heute verbreiteten „festsitzenden“
Techniken mit künstlich aufgeprägten Kräften geformt, oft genug in
eine Einheitsform, wobei verschiedene Risiken drohen.
Auch die
zunehmend beliebten, herausnehmbaren Aligner (Korrekturschienen)
arbeiten mit „fremden Kräften“, die die Zähne nicht unbedingt
in ihre Wohlfühl-Stellungen steuern.
Wichtiger
Hinweis: obwohl „FKO-Geräte“ ein Sammelbegriff ist, wird er
manchmal mit „Aktivator“ (dem gängigsten FKO-Gerät)
gleichgesetzt. Dann führt eine Diskussion über die Fähigkeiten
von „FKO-Geräten“ zu MISSVERSTÄNDNISSEN !
Daher lieber den
gemeinten Gerätetyp beim Namen nennen.
Vorschubdoppelplatten (verschiedene)Bei der hier gezeigten Vorschubdoppelplatte (VDP)
nach Jähnig handelt es sich um zwei beweglich miteinander
verbundene Platten. Gegenüber den Bauformen mit (zumeist
frontalen) Spornen, wie der gut untersuchten VDP nach Sander
(Sander-2), entfallen hier Einschränkungen beim Anbringen von
Federn und Schrauben an den Platten, und der Tragekomfort ist oft
besser. Siehe
Fallbeispiel
für
mehr. |
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Rückschubdoppelplatten (RDP); leichtere Progenie-PlatteDie
Rückschubdoppelplatte (RDP; hier Sander-3 per Bausatz) und die
leichter gebaute Progenie-Platte (untere Bilder in rosa) tun das
Gegenteil der vorgenannten VDP. Sie schieben den Unterkiefer
zurück, und fördern dabei durch die Gegenkraft auch die
Entwicklung des Oberkiefers. Anders als der Vorschub lässt sich ein Rückschub aber nur kleinschrittig nach und nach realisieren. Probieren Sie selbst: wie weit können Sie Ihren Unterkiefer vorschieben, und wie weit zurückziehen? Daher gelten Progenie-Behandlungen als knifflig, was zu der traurigen Entwicklung geführt hat, dass heute sogar rechtzeitigen Fällen oft nur noch Brachialmethoden angeboten werden, mit unklarer Langzeit-Stabilität der Ergebnisse. Technisch wird der Rückschub bei der Sander-III-RDP durch seitliche Sporne an der oberen Platte realisiert, die mit seitlichem Spielraum vor ein Paar Widerlager der unteren Platte greifen. Diese Widerlager sind allmählich vorzuschrauben, wodurch der Unterkiefer kleinschrittig zurückgedrängt wird, und die Gegenkraft auf den Oberkiefer wirkt. Details sind im RDP-Panorama hier zu sehen (pdf). Geräumiger für die Zunge ist die Progenie-Oberkieferplatte, bei der ein Gegenkieferbügel (verstellbares Drahtelement) den Unterkiefer zurückhält. Die gezeigte hat 3 weitere Elemente zur Oberkiefer-Quer- und -Längsentwicklung: Dehnschraube, Oberlippenschilde (hier etwas klein) wie beim FR 3 und Protrusionsfedern für die Schneidezähne. |
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Aktivator, gute Bauformdie Betriebssicherheit und
Tragekomfort vereint. Rastet auf dem Unterkiefer ein, führt ihn
stabil nach vorn und vermindert sein Zurückfallen während des
Schlafes. |
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ProgenieaktivatorEin bewährtes, robustes Gerät. Wenn es, wie hier gezeigt, waagerecht geteilt eine Spezialschraube zum Rückschub des Unterkiefers enthält, ist es zwar im Zungenraum dick, aber führt Fälle mit wohlgeformtem Oberkiefer nach und nach in den richtigen Biss. Im Beispiel liegt auch eine Mesialverzahnung der Seiten vor, während die Mittellinienverschiebung beim frontalen Kreuzbiss durch Überwanderung der oberen 1er und nicht durch Schiefbiss kommt (siehe Ansatz des Lippenbändchens). Anders als die nicht ganz so robuste RDP (siehe oben) erlaubt die gezeigte Bauform keine zeitgleiche Oberkiefer-Dehnung, bietet sich aber zur Anschlussbehandlung an, wenn eine RDP Zahnbogen-Kongruenz hergestellt, aber noch keinen Normalbiss erzielt hat. Aber auch normale Aktivatoren, für die es auch selektive Oberkiefer-Dehnschrauben gibt, können auf (nicht verstellbaren) Rückschub ausgelegt werden. Mit frontoffenen Progenie-Aktivatoren mit gaumenseitiger Dehnschraube und Lippenschilden werden in einer Uniklinik in Thailand (siehe Quellen) in Kombination mit Physiotherapie unselektierte Progeniepatienten behandelt. Schwerere Fälle erhalten dort zwei oder drei der längs nicht verstellbaren Geräte nacheinander. |
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Original Bionator für Kinder und ErwachseneDie
ganzheitliche Kieferorthopädie verschiedener Länder geht davon
aus, dass ein gesundes Kauorgan im Menschen angelegt ist, bei
dessen Entwicklung jedoch Hindernisse auftreten können. Diese
gilt es zu erkennen und dem Patienten Hilfen zu geben, sie mit
eigenen Kräften zu überwinden. Ein original Bionator
ist, wie hier gezeigt, grazil, stabil, mobil - er darf sich
nirgends verklemmen. Man findet zur Tragezeit-Vorgabe
uneinheitliche Angaben, ebenso zur Wichtigkeit von Form und Größe
des Zungenbügels (oberes Drahtelement). Der stabile Lippenbügel
liegt auf der individuellen Lippenlinie und fördert den
Lippenschluss. Er berührt die Zähne in Ruhelage nicht. Neben dem Bionator-Grundgerät gibt es das Abschirmgerät gegen offenen Biss, bei dem das Plastik vorn höher reicht, und das rechts gezeigte Umkehrgerät gegen (leichte / vorgedehnte) Progenie, bei dem der Lippenbügel nicht hochgebogen ist, sondern den unteren Zahnbogen umfasst, und der Zungenbügel umgedreht ist, also nach hinten offen, um die Zunge und damit auch den Unterkiefer zurück zu orientieren. Bionator-Behandlung bei Progenie lässt sich mit Physiotherapie verstärken. |
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Das Grundgerät links hat als
Original-Modifikation Seitenschilde an den Wangen-Schlaufen, um die Kieferweitung zu
fördern. Ähnliche Elemente gibt es am FGB-Gerät weiter unten in
diesem Kapitel. |
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Abgewandelte BionatorenBionator
ist nicht gleich Bionator. In
der Schulmedizin ist er nur ein modifizierter Aktivator; und man
findet auch Mischtypen. Z.B. haben hier gezeigte zusätzlich einen
unteren Labialbogen, der mehr Halt gibt, aber dafür der
Gebissentwicklung - unten bereits im bleibenden Gebiss - weniger
Freiheit lässt. „Kaugummieffekt“ lässt sich Bionatoren und Aktivatoren durch Verbund mit elastischem Silikon-Material hinzufügen, unter den Zähnen, deren Positionen anzupassen sind. Dies regt die Kautätigkeit an und erzeugt eine schmerzlose Korrekturwirkung auf diese Zähne. Im
oberen
Beispiel ist ein
Bionator, neben weiteren extra Elementen, um einen frontalen
weichen Aufbiss ergänzt, um bei einem Tiefbiss den
vertikalen Überbiss zügiger zu korrigieren. Die im Bionator
eingeprägte Kieferhaltung korrigiert primär den horizontalen
Überbiss, wobei ein vertikaler Ausgleich von zu tiefen
Seitenzähnen ermöglicht werden kann, indem man diese Zonen
ausschleift. |
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Biognathor, der Erwachsenen-BionatorAusgehend vom Bionator
ist der Biognathor (Biognathe Orthese) nach Dr. von Treuenfels,
Eutin, so auf das Wesentliche reduziert, dass er auch für
berufstätige Erwachsene tragbar wird. Damit er weder sichtbar
auffällt noch beim Sprechen stört, ist er im Frontbereich völlig
offen bis auf die tiefliegende Verbindungsstrebe
(Unterzungenbügel). Diese wird zur langfristigen Anwendung des
Biognathors in graziler Modellguss-Technik (wie für eine
Teilprothese) hergestellt und solide in die Plastikflügel
eingebettet. Im Vergleich zum Bionator entfällt auch der
gaumenseitige Zungenbügel, und der Lippenbügel kann bei Bedarf
abgenommen werden. Panorama
2 Seiten, NEU mit Patienten-Beispiel (Mundfotos mit und ohne
Lippenbügel) hier [344kB pdf]. Auch die funktionelle Bisslagekorrektur selbst
kann man auch noch beim Erwachsenen damit anstreben. Dies wird
von Verfechtern der Kiefer-Operationen zwar bestritten, aber
andererseits werben Hersteller von Herbstscharnieren und anderen
Festeinbauten hier mit Erfolgen. Schließlich baut sich auch
erwachsener Knochen noch auf und ab - Weichgewebe formt
Hartgewebe. |
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Kaukraft Kiefer-Former (K3F), unzerbrechlichnutzt maximal den Kaugummieffekt, so wie unter
Dentosophie
genauer beschrieben. Er eignet sich dadurch nicht nur zur Früh- und Kinder-Behandlung, sondern kann auch in schwere und
späte Fälle Bewegung bringen. Leider ist diese wirtschaftliche Methode technisch nicht
ausgereizt.
Panorama mit den Unterschieden der 4 Typen und Sonderformen hier [pdf Mini-Poster]. |
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LM Activator (Finnland), ein Former mit Eckzahn-Führung gegen Aufwanderung
Der LM Activator
(finnischer Former, „FiFo“), ebenfalls aus Silikon, zeichnet sich durch Führungs-Mulden für die Eckzähne und die 4er beider Kiefer
besonders aus. Dadurch kann er der häufigen Aufwanderung der Seitenzähne entgegen wirken, und anders als verbreitete kieferorthopädische Methoden zugleich
die Kieferentwicklung fördern. |
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FGB der Turiner Schule nach Bracco: Gebiss entwickeln und gesünder kauenDie
Serie der Turiner Geräte nach Bracco (original: FGB = function
generating bite) bereichert die tragezeitfreundliche
Kaugummieffekt-Kieferorthopädie, die Ganztagsschülern
entgegenkommt (siehe auch K3F oder Bimler). Schon das FGB-Grundgerät vermag bei 7- bis 10-jährigen Kindern einen 1-seitigen Kreuzbiss (zu schmaler Oberkiefer) nicht nur zügig und schmerzlos zu beheben, sondern auch die anomalen Kaubewegungen wurden vollständig normalisiert, ob mit harter oder weicher Kauprobe (Quelle: s.u.). Im Gegensatz zu dieser ganzheitlichen Wirkung fanden US-Autoren (2001), denen zur Frühbehandlung von seitlichem Kreuzbiss nur GNE einfällt, keine Verringerung der anomalen Bewegungsmuster. Das
FGB-Grundgerät lässt den Unterkiefer frei. Aus seiner zentralen
Pelotte entspringt 1 Paar seitliche Stütz- oder Dehnfedern und
vorn 1 Paar Seitenflügel-Träger. Die Seitenflügel bestehen aus
Wangenpelotten und dünnen Seitenblechen aus speziellem
Federstahl, die in sich „kaubar“ sind: hygienisches Metall mit
Kaugummieffekt! In Ruhelage sind die Seitenbleche schwebend, und
auch die zentrale Pelotte liegt nicht an, sondern das federnde
Gerät wird von der Zunge gegen die Zahninnenseiten gehalten.
Frontal sind die Wangenpelotten zumindest durch einen oberen oder
unteren Labialbogen verbunden, der, wie beim gezeigten roten
Exemplar, auch modifiziert sein kann. Über die Grundausstattung
hinaus hat dieses volle 4 Protrusionsfedern in stabiler Dicke. Nicht möglich ist es mit den Halteelement-losen, weisheitszahnfreundlichen FGBs, die keine Schrauben oder Fingerfedern integrieren können, Lücken gezielt zu öffnen oder zu schließen. Für funktionsgerechte Zahnkorrekturen im Anschluss empfiehlt sich Reguflex |
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„Schuhspanner“
für die Backentaschen:
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Bimler-Geräte,
siehe auch
Fallbeispiele-Kapitel:
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Bimler-B-Gerät (Deckbiss-Gerät)hier von oben gesehen, d.h.
die unteren Drahtarme verdeckend. Zur Behandlung des Deckbisses
beißen obere und untere Frontzähne federnd auf das Gerät und
erfahren somit eine Kraft wurzelwärts (Intrusion). Zusätzlich
wird dabei eine Feder von hinten gegen die beim Deckbiss einwärts
geneigten oberen Schneidezähne gedrückt. Damit wurden z.B. in
der DDR auch noch bei Erwachsenen Erfolge erzielt. Analog eignet
sich der Deckbiss-Typ des FGB (siehe oben) für Erwachsene. |
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Bimler-C-Gerät (Progenie-Gerät)Von Vorbiss (Progenie) sind
in Europa etwa 5% der Bevölkerung mehr oder weniger
betroffen. |
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Maxillator nach HanglEin robustes und dennoch
mäßig voluminöses, verstellbares Gerät aus starrem UK-Teil
(wie U-Bügel-Aktivator nach Karwetzky) und dynamischem OK-Teil
(wie Bimler-Gerät). Es wurde für die gar nicht so seltenen Fälle
konzipiert, in denen vorwiegend der OK nachwachsen muss (vormals
„unechte Progenie“ genannt). |
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Kinetor nach Stockfisch (historisch)Ein mit auswechselbaren Fertigteilen rationell
herstellbares Doppelplattengerät, das für heutigen Maßstab
klobig ist, aber das der Kaugummieffekt-Kieferorthopädie
wertvolle Erkenntnisse lieferte. |
Bildnachweis und weitere Quellen:
Vorschubplatten:
A.
Jähnig, Die Herstellung des Göttinger „Pro-Stab“-Plattensystems,
Quintessenz Zahntech 25 (1999) 1009-18, A. Jähnig und R. Krysewski, Das Göttinger „Pro-Stab“-Plattensystem,
J Orofac Orthop/Fortschr Kieferorthop 58 (1997) 320-29; F. G. Sander und C. Lassak, Fortschr Kieferorthop 51 (1990)
155-64
Rückschubplatten:
www.kfo-soehngen.de,
Atzelgift (bei Hachenburg); weitere
Literatur: F. G. Sander, Inform. aus Orthodontie und KFO 33 (2001) 345-60. Leichtere Progenie-Platte: Fundus, aber vergl.
Fallbeispiele-Kapitel
Aktivator:
eigener Fundus
Progenieaktivator:
www.kfo-soehngen.de
(vergl. oben); S. Satravaha, Frühbehandlung von Progeniefällen in Thailand,
Prakt Kieferorthop 7 (1993) 23-30
Bionator:
Bionator-Technik
Geuer, Waldbröl, www.bionator.info
, Mit Silikon-Verbund:
Fachlabor W. Paulus, Burgbernheim, www.kfo-fachlabor.de
Biognathor:
www.kfogeuer.de
= www.bionator.info,
und Gabe einer Patientin
H.
v. Treuenfels, Die neue Biognathe Orthese...,
KFO-Zeitung 2002, Ausgabe 9 – Horizont Praxis; H. v. Treuenfels, Die Biognathe Orthese (Biognathor)...
GZM Praxis und Wissenschaft 7 (2002) Heft 1, 7 (2002) 54–60 (Heft 4) und 8
(2003) 20-23 (Heft 1);
Kaukraft Kiefer-Former:
eigene Bilder
FiFo:
https://lm-dental.com und eigene Bilder
Turiner Schule (FGB) nach Bracco:
http://ejo.oxfordjournals.org/content/28/5/480.full
M.
G. Piancino, Pietro Bracco et al., Reverse-sequencing
chewing patterns ...,
Eur J Orthod 28 (2006) 480-484; Fotos: www.dr-kuklinski.de,
München
Funktionsregler:
hier
www.launhardt-dental.de,
Dresden; weitere Literatur: F. Falck, Die Herstellung der Funktionsreglertypen 1, 2 und 3.., Quintessenz
Zahntech 19 (1993) 1145ff. H.-J. Hantsche, Quintessenz Zahntech 19
(1993) 1451-62
Bimler-Geräte:
Typ
A: Gastautor; Typ B: B. Bimler, Der Bimler Deckbissapparat (Typ B),
Quintessenz Zahntech 24 (1998) 1151-60. Typ C: privat erhalten von A.
B. Bimler.
(weitere Literatur: H.-P. Bimler und B. Bimler, Die Bimler Therapie (II),
Quintessenz Zahntech 19 (1993) 273-82. H. P. Bimler, Fortschr
Kieferorthop 44 (1983) 1208-16)
Maxillator:
www.mw-orthodental.at (erloschen);
weitere Literatur: J. Schirchl, Quintessenz Zahntech 22 (1996)
1465-72.
Kinetor:
H.
Stockfisch, Die kieferorthopädische Präzisionstechnik mit Fertigteilen für das Doppelplattengerät „Kinetor“,
Quintessenz Zahntech 19 (1993) 1335ff.