Liebe Leser,
es ist allgemeines kieferorthopädisches
Lehrbuch-Wissen, dass Platzmangel in Längsrichtung, der z.B. durch
Aufwanderung verursacht wurde, nicht durch Querdehnung behandelt werden
sollte.
Nun sind bei Behandlungen von Erwachsenen manchmal
Kompromisslösungen zu finden. Aber in der Wachstumsphase, besonders wenn
noch Milchzähne da sind?
Distraktionsosteogenese ist
allgemein die Verlängerung von Knochen durch langsames Auseinanderziehen
einer durchtrennten Stelle mittels beiderseits verankerter
Vorrichtungen. Der schmale Zwischenspalt füllt sich dann mit der
Knochenmasse, mit der der Körper den Bruch reparieren will, und das
klappt z.B. auch an den Armen und Beinen.
Der Oberkiefer weist eine Gaumennaht auf, die sich, zumindest bei
wachsenden Patienten, auch ohne Skalpell und Säge sprengen lässt. Der
härtere Unterkiefer hat keine entsprechende Naht, was manche
Kieferorthopäden offenbar als Herausforderung empfinden.
Pionierarbeiten, den in der Mitte angesägten Unterkiefer breiter zu
stemmen, ähnlich wie mit der Gaumennahtsprengung (GNE) im Oberkiefer,
mögen vielleicht an „Problempatienten“ erfolgt sein, bei denen leichtere
Mittel versagten oder kaum Aussicht boten.
Aber folgende Bilder so einer „Unterkiefer-GNE“, mit ähnlicher
Apparatur, an der sich aber das Zungenbändchen reiben muss, und die
wangenseitig an ein 6ern völlig unnötige, halbzentimeterdicke Aufbauten
trägt, stammen von einem 11-Jährigen! Er hat einen moderaten Engstand,
der im Behandlungsplan übertrieben wurde, (vergleiche hierzu das Thema Zweitmeinungs-Bummelstreik und kräftig übertriebene ..),
und ein durch die Enge auswärts stehender Eckzahn steht im Kreuzbiss.
Aber sein Unterkiefer ist keineswegs schmal, allenfalls sind die 6er
einwärts geneigt, und außerdem hat er noch seine Milch-5er. Der Engstand
hätte sich unschwer in Längsrichtung beheben lassen, indem man die
Platzreserve der Milch-5er nutzt.
Aber damit kann man heute in Fachmedien und auf Kongressen nicht
punkten, anders als mit schnell sichtbaren (Teil-)Ergebnissen. Also
nennt der Täter als Alternativen nur Zähneziehen und das relativ
unbelastende Schmalerschleifen, so als ob es eine Erwachsenenbehandlung
wäre.
Nach der Distraktion, mit der ein regelrechter Breit-Unterkiefer geschaffen wurde, stehen dann auch die 4er fast im Kreuzbiss. Und 6 Monate (!) Heilungsphase in dieser misslichen Lage werden empfohlen.
Ein zweites, 15-jähriges Opfer desselben Täters ist mit etwas Enge
und Asymmetrie und einem leichten Einzelzahn-Kreuzbiss im Seitenbereich
zwar kein Bagatellfall. Aber der
Behandlungsplan sieht nicht nur die Distraktion bzw. GNE mit Ansägen in
beiden Kiefern und dann die „obligatorische“ Bracket-Apparatur vor,
sondern später eine operative Bisslagekorrektur! Dazu rechnet der
Täter, wohl aus Röntgenbildern, eine 8 mm Unterkiefer-Rücklage herbei.
Obwohl die eine Gebiss-Seite Normalverzahnung und die andere 1/2
Prämolarenbreite Rücklageverzahnung zeigt und die Front nicht so
aussieht, als ob da ein kleiner Finger zwischen passt.
Wie wäre es statt der OP mit einer Unterkiefer-Distraktion in
Längsrichtung? Aber der vielleicht befreundete Chirurg soll ja auch
nicht zu kurz kommen...
Trotz der schnellen Teil-Ergebnisse der harten Einzelschritte wird
hier die gesamte Behandlung von Dauer und Aufwand und Patientenbelastung
aufgebläht, ähnlich wie bei 3. FMA (von einem anderen Täter) in http://zahnspange.siteboard.eu/ft149-teil-2-von-den-fachartikeln-brutal-fuer-immer-juengere-opfer.html
Stattdessen habe ich gerade 4 noch
laufende Fälle längerfristiger Behandlungen, die aber mit wenig Aufwand
und Belastung ablaufen, zu den Fallbeispiele-Kapiteln
„Rückschubdoppelplatten“ und „Nichtanlagen“ hinzugefügt. Die sind
aktuell und nicht aus alten Schriften.
Soweit für heute,
hordeotech